
Es begann alles an einem verregneten Sonntag. Es hat schon seit Tagen nur geregnet und bei dem Wetter verkroch ich mich eh zuhause. Da ich vor ein paar Monaten wieder Single wurde, verbrachte ich meine Freizeit im Internet in verschiedenen Chats für schwule Männer und Jungs. Ich habe die Nase voll gehabt von Beziehung und wollte eigentlich die nächste Zeit alleine bleiben. Ich war die so genannte verletzte Seele, die die Hoffnung an die große Liebe mit 25 Jahren aufgegeben hat. Verehrer und Menschen, die mich gerne als Partner haben wollten, gab es im Leben genug, aber ich wollte einfach nicht mehr verletzt werden. Da stellte sich die Frage, warum ich eigentlich im Chat unterwegs war?? Einfach, um mir die Zeit zu vertreiben und die Schlecht-Wetter-Depression zu unterdrücken. Es ging mir seit Tagen nicht gut und ich wollte mich auf diese Art ablenken.
An dem Abend habe ich, wie so oft zuvor, mit sehr vielen Jungs gechattet, aber es waren eher sehr oberflächliche Gespräche, die mich nicht zufrieden stellten. Eigentlich wollte ich dann so gegen 20 Uhr meinen Computer ausschalten, um es mir auf der Couch gemütlich zu machen und noch ein bisschen fernzusehen. Doch irgendwas hielt mich noch an dem PC fest. In dem Moment, als ich mich im Chat abmelden wollte, da ich mich von allen meinen Gesprächspartnern verabschiedet hatte, ging ein neues Fenster auf. Nun bin ich sehr höflich und wollte den jungen / alten Mann nicht sofort abwürgen. Also wartete ich, was er zu sagen hatte.
Er schrieb: ››Ich war auf Deiner privaten Seite im Internet und die finde ich so super klasse. Ich habe so selten in meinem Leben eine Seite gelesen, die so viele Gefühle vermittelt. Du bist bestimmt ein sehr liebenswerter Mensch…‹‹
››Was soll ich antworten in einem solchen Moment und was schreibe ich dazu, denn diese Aussage habe ich schon oft zuvor gehört?‹‹, dachte ich.
Ich wollte nicht abgehoben oder überheblich klingen, aber es war so, dass mich viele wegen meiner Seite und meiner Art zu schreiben bewundert haben, obwohl ich es nicht nachvollziehen konnte. Ich konnte schon immer meine Gefühle zu Papier bringen, aber das ist in meinen Augen nichts besonderes. Ich schrieb einfach zurück:
››Meine Seite ist ein Teil meines Ichs, die mich, meine Seele widerspiegelt und ich scheue mich nicht davor, dort so zu sein, wie ich bin. Ich gebe mich in der virtuellen Internet-Online-Welt so, wie ich in Wirklichkeit bin und nicht, wie ich sehr gerne wäre. Menschen, die lügen, falsche “alte” Bilder von sich versenden, die sich Jahre und Jahrzehnte jünger machen, sich schlanker machen als sie sind, gibt es im Internet genug, das hat die Vergangenheit oft gezeigt!‹‹
Nun war ich in eine Unterhaltung verwickelt, ohne den Namen meines Gesprächspartners zu wissen. Das musste sofort meinerseits nachgeholt werden.
»Wie heißt Du?«
››Ich bin der Mario.‹‹ antwortete mein virtuelles Gegenüber. Ich schaute schnell in sein Profil, aber da stand nicht viel über ihn drin. Also musste ich anfangen, ihn auszufragen, da er ja schon eine Menge Informationen über mich auf meiner Homepage gelesen hatte.
»Hallo Mario. Darf ich ein bisschen mehr über Dich erfahren?«
»Klar darfst Du. Ich komme aus einem kleinen Dorf, nicht weit von Köln, bin solo und 6 Jahre jünger als Du. Übrigens habe ich auf deiner Webseite ein Passwort für den geschützten Bereich beantragt, damit ich mir die restlichen Bilder von Dir ansehen kann, wenn ich ein Passwort je kriegen sollte? *liebschau*«
Ich erklärte ihm »Es sind aber keine pornografischen Bilder in dem privaten Bereich, sondern einfach nur ein paar erotische Aufnahmen, ohne ganz nackt von vorne zu sehen zu sein. Viele beantragen das Passwort mit der Hoffnung, Hardcore-Bilder von mir zu sehen.«
››Warum ist dann der Bereich geschützt?‹‹ hakte er nach.
››Es muss mich ja nicht jeder unter der Dusche beim Einseifen oder in der freien Natur sehen. Wenn Du die Bilder siehst, denkst Du Dir bestimmt, er ist jung und braucht das Geld. *schäm*‹‹
››In Wirklichkeit geht es mir ja nicht um die Bilder‹‹ Mit einem virtuellen Lächeln fuhr er fort »Obwohl ich sehr neugierig bin, aber Du musst mir das Passwort nicht zusenden. Ich freue mich einfach auch so, mit Dir ein bisschen zu schreiben, da es mir im Moment nicht so gut geht. Ich dachte eben, wer so eine großartige Seite hat, kann kein oberflächlicher Mensch sein und deswegen habe ich Dich angeschrieben. Ich habe auf deiner Seite den Brief „Für Dich“ gelesen.«
Diesen Brief habe ich auf meiner Homepage gepostet, Mario hatte diesen gelesen.